Was fällt euch ein wenn ihr an Neuseeland denkt? Die traumhaften Naturlandschaften, die wir aus den Herr der Ringen Filme und dem kleinen Hobbit kennen, uns leicht darin verliebt haben. Weiße Punkte auf grünen Wiesen, Schafe und Lämmer soweit das Auge reichen kann. Und dann? Dann hört es oft schon auf.
Das aus zwei Inseln bestehende Land ist nicht wirklich präsent in unserer Welt, wenn dann nur das Lamm- und Wildfleisch in der Küche. Erst ein Besuch bei der Frankfurter Buchmesse offenbarte mir zum Beispiel die Welt der neuseeländischen Weissweine, perfekt für mich als Nicht-Rotwein-Liebhaber. Dem Weinkenner ist der Sauvignon Blanc aus Marlborough zwischenzeitlich garantiert im Glas aufgefallen, eroberte er seit diesem Jahrtausend spätestens die restliche Welt, bis auf diese kleine Land Deutschland.
Der Weinanbau in Neuseeland ist ähnlich jung, wie die Besiedlung des Landed, eines der letzten das kolonial erkundet und erschlossen wurde, und begann faktisch zeitgleich. Ein Schotte, der in Bordeaux das Winzerhandwerk lernte, aus Australien mit Weinstöcken aus dem bekannten Hunter Valley in die Nordinsel auswanderte und damit den Grundstein für den neuseeländischen Weinanbau legte.
Wer nun denkt, dass der Weinanbau auf der Südinsel ähnlich romantisch beginnt, täuscht sich gewaltig.
Eine Reise zurück in die 70er, und wer auf den Hängen und Tälern Reihen über Reihen von Reben vorzufinden denkt, wird leider enttäuscht. Schafe und Lämmer wechselten sich ab mit Feldern mit Gerste. Bis 1973, als Brancott Estate auf der Suche nach Anbaufläche war. Schon damals waren die Preise auf der Nordinsel, die wirtschaftlich und bevökerungsmäßig der Südinsel den Rang abgelaufen hat, hoch und Anbaufläche knapp. Ganz nüchtern machte man sich auf die Suche, es wurden Geologen beauftragt und schließlich der kleine Fleck Marlborough entdeckt.
Viel Sonne, die richtige Menge an Niederschlag, kein bis geringem Bodenfrost. Von einem Weingut sind nun über 109 über das ganze Tal verstreut zu finden, die für über 70% der neuseeländischen Weinproduktion verantwortlich sind. Und davon werden immer noch über 80% am berühmten Sauvignon Blanc produziert. Der Wein, der die Region und den neuseeländischen Wein über die Landesgrenzen hinaus bekannt machte. Fruchtig, spritzig, der perfekte Sommerwein.
Die Weinkenner werden nun vermutlich den Kopf schütteln, aber es war mein erster Sauvignon Blanc. Und das schöne, der vor Ort probierte Wein schmeckte an einem der wenigen lauen Sommertage auf meinem Balkon genauso wie ich ihn in meinem Kopf in Erinnerung hatte. Einmal die Augen schließen und schon war ich wieder da.
Von den über 100 Weingüter sind nicht alle auf Besucher eingerichtet, besonders da die Region nicht unbedingt direkt auf der Touristenroute liegt. Kommt man mit der Fähre von Wellington führt fast immer der direkte Weg entlang der Küste in Richtung Able Tasman Nationalpark, und das schwere Erdbeben in Christchurch sorgte auch für einen deutlichen Einbruch der Touristenzahlen – die aber zum Glück sich langsam wieder erholen. Während meiner Reise im letzten November war ich oft der einzige Gast.
Aber die offenen Weingüter Sorgen für die Qual der Wahl, auch wenn im neuseeländischen Frühling die Weinreben noch etwas kahl und die „Cellar Doors“, wie die Weinverkostungen und Verkäufe gerne genannt werden, öfters noch geschlossen waren.
Mein Einstieg in neuseeländische Weine erfolgte über den charmanten Clive Jones, der seit über 20 Jahren als Winzer bei Nautilus Estate tätig ist. Nautilus ist weiterhin im Familienbesitz, eines der eher mittleren Weingüter was die Produktion angeht, aber dessen Sauvignon Blanc auch bei uns leicht zu finden ist. Mit dem Geschmack nach schwarzen Johannisbeerblättern, Passionsfruchthaut und Holunderblüten sowie roter Grapefruit.
Aber eigentlich ist Nautilus für ihren Rotwein, Pinor Noir, in der Region bekannt. Die Trauben werden hierfür noch handgepflückt, gepresst und sind dann für mindestens 11 Monate in klassischen französischen Eichenfässern zum reifen.Faszinierend fand ich, wie unterschiedlich der Wein direkt aus dem Fass schmeckt, nach unterschiedlichen Reifezeiten und bevor die Mischung von verschiedenen Sorten und von verschiedenen Anbauflächen beginnt. Wer die Chance hat, eine Tour durch den Weinkeller zu machen, sollte hier unbedingt dabei sein.
Die wohl beste Lage hat dagegen das Heritage Center des Brancott Estate, dem ersten und somit ältesten Weingut der Region und der größte Produzent. Zum Heritage Center fährt man durch eine der ersten Anbauflächen, vorbei am Gelände des Marlborough Wine Festivals das jährlich im Frühling stattfindet. Ein moderner Bau mit einer fantastischen Aussicht auf die Region, die man bei einem guten Essen und natürlich Wein geniessen kann.
Leider wird bei Brancott nicht von der Rebe bis zur Flasche alles auf der Südinsel hergestellt, sondern die gepressten Trauben und somit der Saft via Tankern zur Nordinsel geschippt und am Hauptstandort weiterverarbeitet, das Angebot reicht vom günstigeren Supermarktmarke bis hin zur hochpreislichen Marke.
Im kleinen Highfield Estate steht die Qualität der Trauben im Mittelpunkt. Für Alistar Soper ist ein guter Wein, einer bei dem er als Winzer möglichst wenig eingreifen muss. Einer meiner Lieblingsweine war eindeutig die bekannteste Rebe der Region, der Sauvignon Blanc. Und am Ende des Tages mit der Erkenntnis, wie unterschiedlich die Sauvignon Blanc’s der verschiedenen Weingüter doch mundeten. Man merkt bei Highfield auf jeden Fall Alistar’s besonderen Ansatz, den Trauben das Feld zu überlassen.
Leider sind neuseeländische Weine in Deutschland immer noch eine Seltenheit, meist findet man ausgewählte nur bei Online-Händler oder nach etwas Überzeugungsarbeit bei einem guten Weinhändler. Und dann ist da noch der Preis, der viele abschreckt, fängt eine Flasche guter Wein erst so bei 12 bis 15 € an, und kommt dann noch mit Schraubverschluss!
Kork findet man auf neuseeländischen Flaschen max. noch beim Sekt, den das Land liegt bekanntlich am Ende der Welt und musste sich somit bekanntlich mit der schlechtesten Korkqualität aus Portugal abfinden, bis die ersten den Aufstand wagten und auf Schraubverschluss (nicht Glas) umgestiegen sind. Somit auch keine Chance auf Kork im Glas!
Lust auf mehr Wein aus Neuseeland? Im Dezember folgt ein Abstecher zu zwei besonderen Weingüter.