Eigentlich bin ich nicht der Typ, der Dinge zweimal im Urlaub besucht. Bei schönstem Sonnenschein nach einigen Tagen grauem Winterwetter und Fehlanzeige von blauem Himmel war allerdings klar – der Spaziergang zu früher Stunde über die Brooklyn Bridge muss einfach sein.
Allerdings sollte man insbesondere zwischen März und Oktober sich ein wenig Zeit für Brooklyn nehmen und nicht direkt den Wegweisern von der Metrostation High Street zur Brücke folgen. In den letzten Jahren hat sich der Stadtteil am East River drastisch verändert.
Vom Stiefkind mit Blick auf die Hochhäuser von Manhatten zum In-Viertel, mit heiss begehrten Wohnraum. Und in dem Sommermonaten locken die restaurierten alten Piers mit Parks, die breiten Wege laden zum joggen oder Fahrrad fahren ein. Und natürlich ist da noch die Brooklyn Ice Cream Factory, die direkt am Brooklyn Bridge Park noch für Wegzehrung sorgt – entweder für die Piers oder für den Gang über den East River.
Abends bietet sich zudem ein traumhafter Blick auf die beleuchtete Skyline von der Freiheitsstatue über die Hochhäuser an der Spitze und dem Empire State Building in der Ferne. Unsicher fühlte ich mich abends gegen Mitternacht so ganz alleine am East River auch nicht. Und wer den Gang in Richtung Manhatten über die Brooklyn Bridge wagt, wird mit dem Blick auf die Skyline direkt vor der Nase belohnt.
Zwei Brücken weiter nördlich am East River liegt das zweite Trendviertel – Williamsburg. Insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung beliebt, egal ob als Wohnort, zum Brunchen, Cafekult oder zum Essen.
Faszinierend wie sich eine spannende Restaurantszene fern von Manhatten entlang des East Rivers gebildet hat – neben Brooklyn und Williamsburg muss man dazu auch noch das Multikulti Viertel Queens zählen. Auf meiner langen Liste im März 2013 standen eigentlich Roberta’s oder St. Ansalm. Allerdings wimmelt es auch nur so von Pop Up Restaurants New York.
Und so war es eigentlich kein Wunder, dass es mich dann doch eines Abends in ein kleines Restaurant in Williamsburg zog, für meine Premiere im doppelten Sinne. Ein 8 gängiges vegetarisches Menü und dazu noch ein Pop Up Restaurant standen auf dem Plan. Geführt hatte mich dort hin ein reiner Zufall. Im Bus von Washington D.C. sah ich zufällig auf Twitter bei Tasting Table den Hinweis auf eine neue Review, eine kurze Mail später ergatterte ich den letzten Platz bei Chez Jose.
Chez Jose steht für die ehemaligen Köche des Restaurants Isa Jose und seine Freundin Pam. Die beiden erledigen sämtliche Tätigkeiten alleine, vom Einkaufs über die Vorbereitung bis hin zum kochen und servieren – um dem Abwasch. Zwei Tage die Woche, zwischenzeitlich im „Lake Trout“ Donnerstags und Freitags und im März 2013 für knapp 50 $ pro Person. Keine Sonderwünsche sind erlaubt, das ist Pop Up!
Was mich an den beiden begeistert, ist die Philosophie hinter Chez Jose. Beide waren vorher bei “Isa” angestellt, und standen nach der überraschenden Entscheidung des damaligen Küchenchefs das Konzept radikal zu ändern und dafür das Restaurant zu schliessen auf der Strasse. Angebot für Jobs hatten sie genügend, nur wollten sie sich nicht mehr der Willkür eines Küchenchefs aussetzen und entschieden sich allerdings auch gegen das Risiko eines eigenen dauerhaften Restaurants. So entstand die Idee des Pop Up Konzepts der beiden.
Dazu sollte es etwas für das Viertel sein, beide wohnen in Williamsburg, keine Touristen oder Hipster aus Manhatten als Kunden. Das Prinzip des Einkaufs der Produkte im Viertel, frisch auf den Märkten und von lokalen Produzenten –ganz wie es auch im Kochbuch „I Love New York“ der Eleven Madison Park Chef’s in Bildern ausgedrückt beschrieben wird.
Die acht Gänge waren eine kulinarische Entführung in die vegetarische Welt, dazu passend ein interessantes Gespräch am Tisch mit einem Paar aus Williamsburg – in dem Moment fühlte ich mich wie ein Expact in New York – zu Hause!